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Umgang mit Kindern mit Autismus in der Feuerwehr-Jugendgruppe

Vortrag von Dr. Christian Hülsken auf dem Herbstseminar der Jugendfeuerwehr des HSK, am 22.10.2022

Herr Hülsken war eingeladen, die Jugendleiter der Feuerwehr des Hochsauerlandkreises über Autismus zu informieren. Der Wunsch hierzu kam von einigen LeiterInnen auf, denen aufgefallen war, dass in jüngster Zeit vermehrt Familien mit autistischen Kindern und Jugendlichen auf sie zugekommen sind mit dem Wunsch, dass ihr Kind mit Autismus in die Gruppe mit aufgenommen werde.

Nach Herrn Hülsken Einschätzung sind die Gruppen der Feuerwehr für viele Kinder und Jugendliche mit Autismus interessant, da sie oftmals sehr interessiert an technischen Themen sind, nicht selten auch an Röhren und dem Aufbau von Gebäuden oder eben auch von Feuerwehrfahrzeugen, die ja systematisch bepackt werden – was wiederum für Kinder und Jugendliche mit Autismus besonders faszinierend sein kann.

Kinder und Jugendliche können autistisch sein, ohne dass sie gleich mit besonderen Eigenarten auffallen. Ihre Probleme beziehen sich vor allem auf den sozialen Bezug zu anderen. Sie haben oftmals

Probleme in der Perspektivübernahme:

  • Kinder und Jugendlichen mit Autismus fällt es oft schwer, sich vorzustellen, wie es anderen geht. Sie können mit anderen mitfühlen, können aber Mimik und Gestik anderer schlechter „lesen“.
  • Sie sind sich oft nicht im Klaren darüber, dass jede Art des Gefühlsausdrucks durch einen zugrunde liegenden Gemütszustand hervorgerufen wird
  • Sie lassen sich durch die Gefühle anderer schwerer „bewegen“
  • Ihnen fehlt oftmals die Fähigkeit, mit anderen mitzuschwingen“.

Kinder und Jugendliche mit Autismus haben oftmals

Schwierigkeiten, Sprache in sozialen Kontexten zu verwenden und zu verstehen:

Es fällt uns zum Beispiel schwer, Anspielungen zu verstehen oder auf Witze zu reagieren

Fähigkeit zum Smalltalk ist eingeschränkt

In Gesprächen gibt es häufig Missverständnisse

Die mangelnde Fähigkeit, mit den anderen zu kommunizieren, lässt sie häufig zu Mobbingopfern werden.

Anmeldung eines autistischen Kindes

Herr Hülsken wies darauf hin, dass Eltern, deren Kinder autistisch sind, immer überlegen sollten, wo es sinnvoll und notwendig ist, die Diagnose zu erwähnen und wo nicht. Wenn keine Hilfe (mehr) erforderlich zu sein scheint für das eigene Kind mit Autismus, dann müssen Eltern auch nichts von der Autismusdiagnose bei ihrem Kind berichten. Tun sie es aber dennoch, dann ist dies meist ein Hinweis darauf, dass sie sich unsicher sind, wie ihr Kind die Aufnahme in die Gruppe meistert.

Ein Gespräch über das Kind und seine Diagnose sind dann angezeigt und können für beide Seiten fruchtbar sein.

Fragen an die Eltern:

  1. Was interessier Ihr Kind an der Feuerwehr?

(Möglicherweise spricht die „Feuerwehr-Jugendgruppe ein besonderes Interesse des Kindes an. Zum Beispiel könnte es schon von früh an von Rohren und Leitungen fasziniert sein, oder vom Aufbau einer Feuerwache, oder es mag gerne große Autos  und möchte wissen, wie sie ausgestattet sind.)

  Fragen an die Eltern

2a) Fällt Ihrem Kind der Umgang mit den anderen Kindern schwer?

Was fällt ihm schwer?

(Mit dieser Frage signalisieren Sie, dass Sie wissen, was der Kern einer autistischen Störung ist – die Schwierigkeiten in der sozialen Kommunikation.)

       2b) Was kann ich tun, damit sich Ihr Kind in der Gruppe wohl fühlt?

(Insbesondere diese Frage sollte genutzt werden, um ein Gespür dafür zu bekommen, welchen Bedarf an Unterstützung das jeweilige Kind mit Autismus bei der Integration hat.

Neben der Schwierigkeit, mit den gleichaltrigen Teilnehmern in Interaktion zu treten, gibt es auch zwei Formen von Verhaltensproblemen, die in der Regel mit Überforderungen in Zusammenhang stehen.

Meltdown

In einer Überforderungssituation kann es zu einer Reizüberflutung kommen, auf die ein Kind mit Autismus verhaltensauffällig reagiert, mit einem sogenannten „Meltdown“. Das Kind schreit dann beispielsweiselaut, wirft Gegenstände und hat keine Kontrolle mehr über sein Verhalten.  (So ein Verhalten sollte den Eltern bekannt sein und kommt selten „aus heiterem Himmel.) Wichtig ist, dass sich das Kind zurückziehen und beruhigen kann und dass die Eltern vorbereitet sind und es evtl. vorzeitig abholen können.

Shutdown

Das Kind ist überfordert und verstummt, oder es zieht sich zurück (was nicht notwendigerweise verkehrt sein muss).

Fragen an die Eltern

  1. Wie reagiert Ihr Kind, wenn es überfordert ist?
  2. Kann es zu Situationen kommen, wo es besser ist, dass Sie Ihr Kind vorzeitig abholen?“

Zum Abschluss seines Vortrags äußerte Herr Hülsken auch einige Ideen zur Vorbeugung von kritischen Situationen, Ideen, die Kindern und Jugendlichen mit Autismus die Integration erleichtern:

–    Klare Strukturierung des Ablaufs eines Gruppentreffens

–    Eindeutige Absprachen treffen und auch einhalten (keine Ironie oder Zweideutigkeiten!)

–    Ruhepausen einplanen

–    Keine Zweideutigkeiten zulassen, sondern sich eindeutig verhalten und auch eindeutig sprechen (keine Ironie)

–    selbst ab und zu genau hinhören, riechen, ob es einen unangenehmen Geruch gibt, hineinfühlen, um evtl. einige Reize, die unnötig sind zu eliminieren (Radio, Fernseher, Garagentür schließen –> Motorgeräusche)

–    ruhigen Ort als Rückzugsmöglichkeit schaffen